Stürzt eine morsche Fichte von Ihrem auf das Nachbargrundstück und richtet dort Schäden an, haben Sie gegebenenfalls Ihre Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt. Wie sieht es in diesem Fall mit der Haftung aus? Die Antwort auf diese und andere Fragen rund um die Verkehrssicherungspflicht auf Grundstück, Straße und bei Veranstaltungen erfahren Sie hier.
(Der gesamte folgende Text wurde von unserer Redakteurin ohne den Einsatz von KI geschrieben)
Verkehrssicherungspflicht – was ist das?
Die Verkehrssicherungspflicht leitet sich aus dem Artikel 14 des Grundgesetzes ab, der die bekannte Formulierung „Eigentum verpflichtet“ enthält. Konkretisiert wird sie in § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der die Schadensersatzpflicht regelt.
Dort heißt es in Absatz 1:
Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
Demzufolge muss also jeder Bürger Gefahren abwehren, durch die Dritte zu Schaden kommen könnten: Er hat eine Verkehrssicherungspflicht und bei Verstößen eine entsprechende Schadensersatzpflicht.
Der Geltungsbereich der Verkehrssicherungspflicht ist breit gefächert und erstreckt sich nicht nur auf den Straßenverkehr, wie der Name vermuten lassen ließe. Unter die Pflicht fallen allgemein Grundstücke, Wege und Gebäude, aber auch Veranstaltungen und berufliche Tätigkeiten. Die Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich also allgemein auf Sachen und verhaltensbedingte Gefahren.
Das Gesetz soll die Allgemeinheit davor schützen, dass Einzelne durch Pflichtvernachlässigung eine Gefahrenlage schaffen – etwa, indem sie Grundstücke verkommen lassen oder sich weigern, den Schnee auf dem Gehweg zu räumen.
Wen betrifft die Verkehrssicherungspflicht?
Entsprechend der allgemein gehaltenen Formulierung des § 823 BGB ist der Personenkreis groß, dem eine Verkehrssicherungspflicht obliegt.
Betroffen sind insbesondere:
- Bauherren: Von Baustellen können per se erhebliche Gefahren ausgehen, etwa die Baugrube als potenzielle Sturzfalle. Als Auftraggeber für die Bauarbeiten haben Bauherren die Verkehrssicherungspflicht.
- Eigentümer von Immobilien oder Grundstücken: Wer ein Haus oder Grund sein Eigen nennt, muss sie so instandhalten, dass keine Gefahren für Dritte entstehen – beispielsweise durch lose Gegenstände wie Dachziegel.
- Mieter und Pächter haften in den von ihnen genutzten Innenräumen allein. Wurden auf sie Pflichten vom Eigentümer übertragen, etwa der Winterdienst, geht damit auch diese Verkehrssicherungspflicht auf sie über.
- Vermieter, auch von Ferienwohnungen, haben die uneingeschränkte Verkehrssicherungspflicht. Zwar können sie erhaltende Aufgaben wie Instandsetzungs- und Kontrollarbeiten an Dienstleister delegieren, müssen die korrekte Ausführung aber beaufsichtigen.
- Immobilien- und Hausverwalter lassen sich durch Hausbesitzer und Wohnungseigentümergemeinschaften mit der Verkehrssicherung beauftragen. Sie tragen die Verantwortung aber nicht alleine, sondern die Auftraggeber sind zur Überwachung der Dienstleistung verpflichtet.
- Vereine und Gemeinschaften: Ob Sportverein oder Seniorengemeinschaft, beide müssen der Verkehrssicherungspflicht im Rahmen ihrer Angebote nachkommen. So sind beispielsweise Sportgeräte auf ihre ordnungsgemäße Sicherheit zu kontrollieren.
- Tierhalter: Fällt ein Passant über die Leine des geführten Hundes, haftet der Tierhalter – oder eine andere Person, die mit dem Tier Gassi geht. Ob Heim- oder Haustier, die Besitzer haben dafür Sorge zu tragen, dass keine Gefahr von ihnen ausgeht. Die Verkehrssicherungspflicht gilt auch für Ställe, Koppeln und Weiden. In vielen Bundesländern ist die Hundehaftpflicht sogar verpflichtend.
- Veranstalter: Jeder, der ein Event organisiert, steht in der Haftung für davon ausgehende Gefahren. Die Verkehrssicherungspflicht reicht von der Überprüfung von Bühnenaufbauten bis hin zur Sicherstellung, dass Teilnehmer nicht ausrutschen können.
- Waldbesitzer: Grundsätzlich betritt jeder einen Wald auf eigene Gefahr. Typische Risiken wie ein Stolpern über Wurzeln liegen deshalb im Bereich der Eigenhaftung. Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht müssen Waldbesitzer jedoch atypische Gefahren wie lose Holzstapel beseitigen.
Beispiele für typische Verkehrssicherungspflichten
Aufgrund des breiten Anwendungsspektrums der Verkehrssicherungspflicht leiten sich die konkreten Aufgaben aus verschiedenen Vorschriften und Gesetzen ab. Grundlage bilden u. a. das BGB, die Straßenverkehrsordnung, kommunale Gesetze und arbeitsrechtliche Auflagen.
Dazu einige gängige Beispiele:
- Winterdienst: Das Schneeräumen und Streuen ist die Verkehrssicherungspflicht, die am ehesten mit dem Begriff assoziiert wird. Sie umfasst die Beseitigung aller winterlichen Gefahrenquellen auf Geh- und Radwegen auf und am Grundstück – die Straße ist von der Verkehrssicherungspflicht ausgenommen. Wann die Räum- und Streupflicht gilt, regeln die Kommunen. Meist müssen Sie zwischen 7 und 20 Uhr und an Sonn- oder Feiertagen zwischen 9 und 20 Uhr räumen sowie streuen.
- Instandhaltungs- und Wartungspflicht: Dächer, Balkone, Fassaden, Treppen, Geländer und Spielgeräte auf dem Grundstück unterliegen der Verkehrssicherungspflicht – sie müssen regelmäßig überprüft und bei Bedarf repariert werden. Insbesondere lose Dachziegel oder Regenrinnen sind nach Stürmen gar nicht so selten.
- Überwachungs- und Kontrollpflicht: Delegation entbindet nicht von der Verantwortung. Auch wenn Dienstleister Verkehrssicherungspflichten erledigen, haben Sie als Auftraggeber noch eine Aufsichtspflicht. Diese darf aber stichprobenartig erfolgen.
- Sicherungspflicht: Potentielle Gefahrenquellen müssen immer gut gesichert werden. Dazu gehört der private Gartenteich ebenso wie die Abdeckung einer Maschine am Arbeitsplatz.
- Informationspflicht: Sind Gefahren vorübergehend nicht abzustellen, müssen Warnschilder aufgestellt werden.
Verkehrssicherungspflicht bei Grundstücken und Immobilien
Aus dem Besitz von Grundstücken und Immobilien ergeben sich diverse Verkehrssicherungspflichten, die sowohl den Außenbereich als auch die Innenräume betreffen. Haftpflichtig ist immer der Eigentümer bzw. die Eigentümergemeinschaft. Eine Übertragung der Verkehrssicherungspflicht an Hausverwaltungen, Dienstleister oder Mieter ist möglich, muss dann aber genaustens vertraglich geregelt und überwacht werden.
Insbesondere fallen folgende Bereiche unter die Verkehrssicherungspflicht:
Außenanlagen
- Räum- und Streupflicht im Winter: Beseitigung von Schnee, Entschärfung von Vereisung durch Split
- Allgemeine Sicherung von Fußwegen: Entfernen von Gegenständen, über die Passanten stürzen könnten (lose Gehwegplatten, Mülltonnen, Bananenschalen); Überprüfung der Beleuchtung
- Sicherheit von Spielgeräten: Schaukel, Wippe, Klettergerüst und Co. auf dem Grundstück
- Überwachung von Bäumen: Sicherstellung der Standfestigkeit, Abschneiden morscher oder überstehender Äste
- Einfriedungen wie Zäune, Mauern und Hecken: Überprüfung der Verankerungen und Festigkeit, regelmäßiger Rückschnitt
- Park-, Wäschetrocknungs- und Mülltonnenplätze: Überwachung im Hinblick auf Gefahrenquellen und ggf. Instandsetzung
Gebäude:
- Sicherung von Dächern: Festigkeit von Dachziegeln und -rinnen, Schornsteinen, Satellitenschüsseln, Antennen, Schneefängen und Lawinenabsicherungen, Solarmodulen und anderen baulichen Bestandteilen
- Kontrolle der Fassade: Beschädigungen am Putz und Erkern
- Wartung von Treppen und Treppenhäusern: Bodenbelag, Treppenstufen, Geländer und Beleuchtung
- Fluchtwege: Sind sie frei von Hindernissen, ist die Beleuchtung ausreichend, ist der Bodenbelag intakt?
- Balkone: Kontrolle der Statik, Sicherheit der Geländer, Absicherung von Blumenkästen
- Überprüfung des Eingangsbereichs: Beleuchtung, Geländer, Stufen, Rampe: alles intakt?
Kontrolle und Wartung technischer Anlagen und Geräte:
- Heizung, Öltanks
- Elektroinstallationen
- Wassertechnik
- Brand- und Blitzschutz
- Alarmanlagen
- Rolltore und Tiefgaragentore
- Aufzüge
Typische Streitfälle rund um die Verkehrssicherungspflicht
Da es keine explizite gesetzliche Regelung der Verkehrssicherungspflicht gibt, sondern nur eine Herleitung aus der Schadensersatzpflicht, kommt es immer wieder zu Streitfällen. Gerichte beschäftigen sich regelmäßig mit der Frage, welche Maßnahmen Verantwortliche konkret ergreifen müssen. Schließlich kann niemand jede Gefahr vorhersehen und ihr vorbeugen. Auch ergibt sich aus dem Verhalten Dritter oft eine Mitschuld.
Am häufigsten ist der Winterdienst Zankapfel. Wann ist ein Weg schlecht geräumt? Gerichte haben dazu entschieden, dass sich aus vereinzelten Glättestellen keine allgemeine Glättebildung ableiten lässt. Rutscht auf einer solchen Stelle jemand aus, muss der Verkehrssicherungspflichtige nicht haften.
Auch an der Frage, wann eine Beleuchtung unzureichend ist, entzündet sich Streit. Wichtig zu wissen ist hier, dass sogar eine zu früh ausgehende Beleuchtung im Treppenhaus eine Gefahrenquelle sein kann. Stürzt jemand, der durch die automatische Abschaltung überrascht wurde, kann die Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt worden sein.
Verkehrssicherungpflicht & Schutz der Privathaftpflicht
Niemand kann ständig auf der Hut sein und jede noch so abstrakte Gefahrenquelle rechtzeitig ausschalten oder vermeiden. Deshalb ist eine private Haftpflichtversicherung fast ein Muss. Mit der Police der BavariaDirekt sind Sie jederzeit gut, aber auch günstig geschützt – selbst wenn Ihnen mal ein Malheur passiert und Sie Ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht hundertprozentig nachgekommen sind.
Verkehrssicherung & Schutz der Privathaftpflicht
Niemand kann ständig auf der Hut sein und jede noch so abstrakte Gefahrenquelle rechtzeitig ausschalten oder vermeiden. Deshalb ist eine private Haftpflichtversicherung fast ein Muss. Mit der Police der BavariaDirekt sind Sie jederzeit gut, aber auch günstig geschützt – selbst wenn Ihnen mal ein Malheur passiert und Sie Ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht hundertprozentig nachgekommen sind.
Baustellen müssen von Bauherren und Bauleitern so abgesichert sein, dass Unbefugte keinen Zutritt haben – etwa durch schwere Bauzäune. Es dürfen insbesondere keine Durschlüpfe vorhanden sein, durch die Kinder auf die Baustelle gelangen. Die Aufstellung von Schildern wie „Betreten der Baustelle verboten. Eltern haften für ihre Kinder.“ entbindet nicht von der Verkehrssicherungspflicht, die volle Haftung besteht trotzdem.
Fußwege sind nicht nur zu räumen und sauer zu halten, sondern auch zu warten. Stolpert ein Passant über eine aufgekantete Bodenplatte, kann er vom Eigentümer des Grundstücks Schadenersatz verlangen.
Wer haftet bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht?
Immer die Eigentümer bzw. Auftraggeber. Bei Grundstücken und Immobilien sind das die im Grundbuch eingetragenen Besitzer, also Einzelpersonen oder Gesellschaften. Auf öffentlichen Straßen haften je nach Status Bund, Länder, Landkreise und Gemeinden. In Unternehmen ist die Geschäftsführung verantwortlich dafür, dass die Verkehrssicherungspflicht erfüllt wird.
Bei einer Delegierung haften die jeweils Beauftragten, also etwa ein Hausverwalter oder der Handwerker im Außendienst. Hauseigentümer und Unternehmer müssen jedoch in zumutbarer Weise ihrer Aufsichtspflicht nachkommen. In der Praxis haben Gerichte entschieden, dass darunter keine permanente Kontrolle zu verstehen ist. Wer nachweisen kann, dass er die Verkehrssicherungspflicht klar und deutlich übertragen hat – etwa durch einen Vertrag oder eine schriftliche Dienstanweisung – ist in der Regel auf der sicheren Seite.
Welche Versicherungen sind im Zusammenhang mit der Verkehrssicherungspflicht wichtig?
Eine private Haftpflichtversicherung ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber dringend zu empfehlen – nicht zuletzt wegen der Verkehrssicherungspflicht. Entstehen Dritten durch eine Vernachlässigung dieser Pflicht Schäden, kommt die Privathaftpflicht dafür auf. Für Mieter und Eigentümer, die ihre Immobilie selbst nutzen, ist dieser Schutz ausreichend. In Unternehmen ist die Betriebshaftpflicht die richtige Wahl.
Vermieter und Grundstückseigentümer sowie Immobilienbesitzer leerstehender oder unbebauter Liegenschaften sollten zusätzlich eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung abschließen. Nur so ist ein umfassender Schutz gewährleistet – schließlich ist eine lückenlose Verkehrssicherung bei Abwesenheit schwer zu bewerkstelligen.
Zahlt die Versicherung auch, wenn ich die Verkehrssicherungspflicht verletzt habe?
Die private Haftpflichtversicherung bzw. Grundstückseigentümerhaftpflichtversicherung leisten bei grober Fahrlässigkeit, aber nicht bei Vorsatz. Wer seiner Verkehrssicherungspflicht also absichtlich und wissentlich nicht nachkommt und dadurch andere schädigt, bleibt auf dem Schadenersatz sitzen. Ansonsten müssen Sie sich keine Sorgen machen, schließlich sind die Versicherungen genau für den Fall da, dass Ihnen ein Fehler unterläuft. Je nach Ausmaß der groben Fahrlässigkeit kann die Versicherung aber die Leistung kürzen.
Verkehrssicherungspflicht – eine ernst zu nehmende Verantwortung
Die Verkehrssicherungspflicht sollte von niemandem auf die leichte Schulter genommen werden. Insbesondere Immobilien- und Grundstückseigentümer tun gut daran, ihre Gebäude und Anwesen regelmäßig zu kontrollieren – und Schäden sofort beseitigen zu lassen.
Achten Sie bei einer Delegation dieser Aufgabe darauf, die Details schriftlich zu regeln. Kommt es zum Streitfall, haben Sie einen Nachweis. So sollte beispielsweise ein Hausmeistervertrag genau auflisten, welche Prüf- und Wartungsaufgaben im Außen- und Innenbereich zu erledigen sind.
Weitere Details zur Räum- und Streupflicht im Winter, lesen Sie in unserem Magazin. Und wer sich gegen Elementarschäden versichern sollte, erfahren Sie im Artikel „Elementarversicherung“.
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